Schon seit ich ein kleines Kind war, wünschte ich mir eine große Familie. Ich selbst bin bei meiner alleinerziehenden Mutter aufgewachsen, gemeinsam mit meiner zehn Jahre älteren Schwester. Es gab nur uns drei „Mäderl“, wie wir von Bekannten liebevoll genannt wurden, und obwohl wir gemeinsam eine schöne Zeit hatten, war da immer der Wunsch nach weiteren Geschwistern. Meine große Schwester hat zwar wirklich viel mit mir unternommen, sich um mich gekümmert und mich in ihren Alltag eingebunden. Dennoch ist sie mir eher als Erwachsene anstatt als Geschwisterkind in Erinnerung.
Auch die Familie meiner Mutter war sehr zerrüttelt. Meine Großeltern genossen Alkohol und Zigaretten, anstatt sich mit ihren eigenen Kindern, geschweigedenn Elkelkindern, zu beschäftigen. Die Geschwister meiner Mutter spielten sich gegeneinander aus, stahlen, logen und waren von Neid besessen, was meine Mama dazu brachte, sich von ihrer Familie fern zu halten. Daher hatte ich nie wirklichen Kontakt zu meinen Onkeln und Tanten oder Großeltern. Es war von ihrer Seite her einfach nicht erwünscht und als kleines Kind ist man noch nicht in der Lage, eine solche Beziehung zu knüpfen oder sie zu erhalten.
Nach der Scheidung zwischen meinen Eltern, ich war etwa 6 Jahre alt, zog sich auch die Familie väterlicherseits zurück. Man wollte scheinbar nicht zwischen den Fronten stehen und auch hier war die Beziehung bis dato nicht sehr innig gewesen.
Es gab also nur uns drei. In einem großen Haus. In unserer Straße wohnte mein damaliger bester Kindergarten- und Schulfreund. Er war der älteste von drei Brüdern. Einige Jahre später kam noch ein vierter dazu. Ich erinnere mich gerne an die Besuche bei ihm. In ihrem Haus war immer irgendwie was los. Es war meist jemand zu Besuch dort, entweder Freunde der Kinder, jemand aus der Verwandschaft oder Bekannte der Eltern. Oft auch mehrere gleichzeitig. Mit den naiven Augen eines Kindes sah ich, wie schön es war, dass man so viel Austausch zwischen Alt und Jung, Verwandten und Freunden hatte. Wir Kinder spielten gemeinsam, die Erwachsenen verbrachten gemeinsame Zeit und man fühlte sich immer als Teil der Familie. Und genau damals wusste ich, dass ich das auch mal so haben möchte. Ein offenes Haus, wo immer was los ist und man sich niemals einsam fühlt!
Meine Mutter arbeitete zu der Zeit bei der Gendarmerie ein paar Straßen weiter. Es war ein kleiner ‚Posten‘ und schnell fühlten sich die Angestellten dort nicht nur als Kollegen, sondern auch als Freunde. Durch die Nähe und unser großes Haus kam es nicht selten vor, dass wer von ihnen zum Essen vorbei kam, sich nach dem Nachtdienst ein wenig auf der Couch ausrastete oder im Sommer mit mir im Garten spielte. Das war die Zeit, in der ich meine kleine „Großfamilie“ hatte. Es war oft was los bei uns zu Hause und ich genoss das sehr. Das hielt natürlich nicht ewig, viele der Gendarmen wurden versetzt und schlussendlich wurde der Gendarmerieposten ganz geschlossen. Und irgendwie wars dann vorbei mit dem Trubel…
Und heute stehe ich hier, mit meinem Mann und unserem Kind. Mit meiner Mama und meiner Schwester (mit ihrer Familie), welche nicht in unserer unmittelbarem Umgebung wohnen. Oft denke ich wehmütig an den Wunsch meiner Kindheit zurück. Und daran, dass er vielleicht nie in Erfüllung gehen wird…
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.