Im Sommer 2021 saßen wir im Schatten unterm Kirschbaum und ich spürte, dass etwas anders war – ich war schwanger mit unserem dritten Kind.
Für mich war von Anfang an klar, dass ich wieder eine natürliche, interventionsfreie Geburt zu Hause haben wollte wie bei unserem zweiten Kind und mein Mann unterstützte mein Vorhaben. Diesmal wollte ich mir wieder eine Hausgeburtshebamme suchen, hauptsächlich aus dem Grund, um keine Probleme mit der Geburtsanzeige und den Dokumenten zu haben. In Österreich ist eine Alleingeburt nämlich verboten – man muss eine Hebamme dabei haben – und beim letzten Mal war es, abgesehen von den Anschuldigungen und Unterstellungen der Ärzte (wir sind damals Stunden später doch noch zur Nachkontrolle ins KH gefahren und auf Revers wieder nach Hause, da die Plazenta noch nicht geboren war) und einer Meldung „meines Falles“ bei den Sozialarbeitern, sehr mühsam und langwierig, die korrekt ausgefüllten Dokumente wie Geburtsurkunde, Meldezettel, Staatsbürgerschaftsnachweis etc. für unser Baby zu bekommen.
Deshalb war mein Plan, offiziell alles für eine Hausgeburt vorzubereiten, die Hebamme dann aber erst anzurufen, wenn das Baby schon auf der Welt ist.
Doch wie auch beim letzten Mal sollte mein Plan nicht aufgehen. Denn, und das ist scheinbar den meisten (wie zuvor auch mir) nicht bekannt, ist es in Österreich auch gesetzlich verboten, nach einer Sectio oder anderen OP an der Gebärmutter zu Hause zu gebären. Somit sagten mir alle angefragten Hausgeburtshebammen in meinem Umkreis ab und ich stand (wieder) alleine da.
Da ich sowieso eine Alleingeburt geplant hatte, bereitete mir das kaum Sorgen. Eine Hausgeburtshebamme bot mir sogar an, nach der Alleingeburt zu mir zu fahren um die Geburt offiziell zu bestätigen – allerdings sollte ich ihr dafür die Rufbereitschaft zahlen, welche mir mit 800€ für eine Unterschrift einfach zu teuer war.
Somit weihte ich meine liebe Nachbetreuungshebamme in mein Vorhaben ein und sie fand sogar eine Kollegin, welche bereit war, die notwendigen Formulare kostenfrei für uns zu unterschreiben.
Diese dritte Schwangerschaft lief so nebenbei her im Familienalltag mit zwei kindergartenfreien Kindern, was ich allerdings als sehr stimmig und natürlich empfand. Dennoch nahm ich mir immer wieder kleine Auszeiten, wo ich mich ganz bewusst mit dem Baby verband, den Bauch streichelte, die Tritte an der Bauchdecke beobachtet, bewusst Yoga machte und abends hörte ich mir gelegentlich Schwangerschaftsmeditationen an.
Ich war voller Vorfreude auf die Geburt und schon sehr neugierig, wie es diesmal sein würde. Bei der vorigen Geburt hatte ich gewisse Vorstellungen, wie beispielsweise ruhige Musik, Kerzenlicht, Familie um mich herum und es kam ganz anders. Deswegen war ich diesmal total unvoreingenommen. Trotzdem hatte ich immer wieder ganz intuitiv den Gedanken, dass die Geburt 2 Stunden dauern würde. Das war kein bewusster Gedanke oder eine Affirmation. Er tauchte einfach immer wieder spontan auf. Und ich träumte, dass das Baby abends zur Welt kommen würde.
Es war an 41+3, einem Mittwoch, als ich aufwachte und ein Ziehen im Unterleib verspürte. Keine richtigen Wehen aber ich bemerkte Veränderung und hatte schon eine gewisse Vorahnung. Der Tag verlief trotzdem recht ruhig. Immer wieder spürte ich dieses Ziehen, etwa 5 Mal über den Tag verteilt, das in keinster Weise regelmäßig war. Darum hatten wir am späten Nachmittag auch noch Besuch von Freunden, die gerade in der Nähe zu tun hatten. Als sie sich verabschiedet hatten – circa 3,5 Std vor der Geburt – überkam mich das Bedürfnis, unser jüngeres Kind langsam bettfertig zu machen. Ich legte mich also nach dem Abendessen mit unserem Kind ins Bett und breitete ganz spontan noch eine saugfeste Unterlage auf meinem Schlafplatz aus. Keine 5 Minuten später – unser Kind war gerade eingeschlafen – machte sich das Baby mit einem Tritt bemerkbar, ich hörte ein leises ‚Knack‘ und zwischen meinen Beinen wurde es warm. Die Fruchtblase war geplatzt.
Ich stand auf und wusste, jetzt geht es gleich los mit intensiven Wehen. Also ab ins Bad, wo mein Mann und unser älteres Kind gerade duschten und Zähne putzten. Nach einer kurzen Erklärung, dass das Baby heute auf die Welt kommen wird und ich etwas Ruhe dafür bräuchte, verschwanden die beiden mit einem Buch ins Nebenzimmer.
Ich musste Blase und Darm entleeren, dabei spürte ich schon Wehen, die sehr schnell regelmäßig und intensiv wurden.
Immer wieder schauten mein Mann und unser Kind zu mir, fragten nach, wie es mir geht, brachten mir Getränke und ließen mich dann wieder alleine. Da es im Badezimmer sehr warm war, zog ich mich nackt aus, konzentrierte mich auf die Wehen und während der Wehenpause rief ich meinen Mann, welcher die Eingangstür öffnete und mir kalte frische Luft im Vorzimmer zukommen ließ (unser Badezimmer hat leider kein Fenster). Danach verschwand ich wieder allein ins Bad.
Ich wechselte mehrmals vom Klo zum Waschbecken, auf welches ich mich abstützte oder blieb aufrecht stehen und zog abwechselnd das linke und das rechte Bein an, weil mir das einfach Erleichterung brachte. Kein einziges Mal schaute ich auf die Uhr, ich wusste also weder die Uhrzeit noch den Abstand der Wehen, noch tastete ich nach dem Muttermund. Ich spürte nur, dass die Wehen schnell kamen und dieser Druck bzw. diese unheimlich starke Kraft wirklich enorm war. Schmerzen in dem Sinn hatte ich nicht aber mit dieser Kraft umzugehen, erforderte volle Konzentration und Zentrierung.
Ich wartete ein wenig auf das Gefühl des „Nicht-mehr-wollens“, welches in der Übergangsphase anscheinend oft vorkommt, es kam aber nicht wirklich. Stattdessen war ich extrem überrascht, als ich bei einer Wehe, bei der ich gerade am Klo saß und bei welcher sich auch der Schleimpfropf löste, den Drang verspürte zu pressen.
Ich kniete mich daher auf den Boden auf eine weiche Unterlage, stützte mich mit meinen Händen ab und schob mit. Dabei stöhnte ich recht laut, allerdings nicht aus Schmerz sondern einfach, um diese starke Energie aus mir raus zu lassen.
Zwischen den Presswehen konnte ich gut entspannen. Ich hatte diesmal einen wirklich starken Druck aufs Steißbein und einen heftigen Drang zu pressen. Ganz genau spürte ich, wie der Kopf des Baby sich den Weg durchs Becken bahnte, an meinen Scheidenausgang drängte und als ich mal mit der Hand griff, spürte ich diesen tatsächlich schon. Er rutschte allerdings wieder etwas zurück, es dauerte dann noch eine weitere Presswehe, der Kopf wurde geboren. Schnell rief ich nach meinem Mann und bat ihn, unserem älteren Kind bescheid zu geben, welches neugierig und freudig, wenn auch etwas zurückhaltend, näher kam. Das Baby hörte ich schon schmatzen, da überkam mich eine letzte Wehe und sein Körper flutschte direkt in meine Arme. Ich war überfüllt von Freude und es war ein herrliches Gefühl, es alleine geschafft zu haben! Mein Mann schaute schnell auf die Uhr – es war 2 Stunden nach dem Blasensprung – da hörte er unser jüngeres Kind im Bett weinen und holte es zu uns.
So konnten wir alle gemeinsam das Baby begrüßen und willkommen heißen! Wir machten es uns auf der Wohnzimmercouch gemütlich, die großen Geschwister haben das Baby begutachtet, gestreichelt und gekuschelt.
Kurz darauf empfand ich das Sitzen als schmerzhaft, da ich wieder einen Druck verspürte – die Plazenta wollte geboren werden. Daher schnitt mein Mann gemeinam mit den beiden Kindern die bereits auspulsierte Nabelschnur durch und ich hockte mich im Badezimmer nochmals auf den Boden. Die Plazenta kam etwa 15 Minuten nach der Geburt ganz einfach mit einmal Pressen raus.
Zurück auf der Couch nuckelte das Baby sofort problemlos an meiner Brust und genoss die erste Milchmahlzeit, während die Geschwister mitkuschelten und mein Mann das Badezimmer säuberte und Wäsche wusch.
Bald darauf waren alle sehr müde, ich brachte die zwei Großen ins Bett, richtete mir auf der Couch ein gemütliches Plätzchen und kuschelte mich mit dem neugeborenen Familienmitglied unter eine Decke. Schlafen konnte ich zwar nicht aufgrund von Hormonrausch und Nachwehen, aber ich konnte diese intensive erste Zeit zu Hause auf der eigenen Couch extrem genießen!
Für mich ist Geburt etwas so Kraftvolles, ich wusste früher nicht, dass diese Erfahrung so bestärkend sein kann und mich ein Stückchen weiter zum Kern meines wahren Seins führt!
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