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Advaita – Non-Dualität

Manchmal fragen mich die Leute, ob ich Buddhistin bin, weil ich eine Mala trage. „Nein“, sage ich dann, „mein Weg nennt sich Advaita.“ Und darauf gibt es meist große Augen mit vielen Fragezeichen darin. Advaita oder Advaita Vedanta ist bei uns nicht allzu bekannt. Laut Wikipedia ist das eine indische Philosophie oder ein System, das die Welt auf ein einziges Prinzip zurückführt. Für mich ist Advaita weder Philosophie, noch Lehre, ist nicht theoretisch sondern ganz ganz praktisch und lebendig.

Advaita bedeutet nicht-dual, nicht zwei und besagt, dass die gewöhnliche Wahrnehmung von einem selbst und der Welt, das täuschende Produkt einer ich-bezogenen Wahrnehmungsform ist und dass in Wahrheit nur ein allumfassendes göttliches Bewusstsein fortwährend existiert, worin alles andere nur vorübergehend in Erscheinung tritt.
(aus „Bevor ich bin“ ~ Mooji)

Wohl der bekannteste Vertreter des 20. Jahrhunderts war Ramana Maharshi. Er empfahl Ratsuchenden die Erforschung des Selbst mithilfe der Frage: Wer bin ich? Wird diese Selbsterforschung ernsthaft und konsequent betrieben, deckt sie die Illusion der Person, des falschen Ich-Gedankens, auf und durch dessen Auflösung kommt was wahre Selbst zum Vorschein.

Was mich an Advaita sofort faszinierte, war, dass man an nichts glauben muss. Davon hatte ich schon lange die Nase voll. Wo Glaube notwendig ist, ist auch der Zweifel nicht weit. Wenn ich etwas weiß, muss ich nicht glauben. Ich kann es sehen, erkennen, es ist offensichtlich. Keine Meinungen, keine Mutmaßungen, keine Vorstellungen, keine Konzepte, … mehr Forschung (man könnte fast Wissenschaft sagen) als Religion oder Philosophie.

Und es ist jedem zugänglich. Einzige Voraussetzung ist eine gewisse Offenheit und ernsthaftes Interesse an der Wahrheit (auch wenn diese vielleicht nicht mit den eigenen Konzepten und Vorstellungen übereinstimmt). Manch einer ist dann überrascht, wie sehr man an diesen Konzepten hängt, ganz besonders an diesem „Ich“.
Im Nachhinein bin ich auch überrascht, wie wenig Menschen sich eigentlich mit der Frage beschäftigen, wer sie wirklich sind (mich eingeschlossen). Das ist in unserer Kultur nicht üblich. Es genügt zu wissen, wie man heißt, wo man lebt, was man gemacht hat, was man will, etc. – das ist aber alles nicht wer ich bin. Aber was kann ich eigentlich über „mein Leben“ und die Welt mit Sicherheit sagen, wenn ich nicht einmal weiß, wer denn das ist, der das alles bezeugt. Ist der Zeuge suspekt, was ist dann sein Bericht wert? Wir Menschen wollen wissen, was vor 3 Millionen Jahren passiert ist, erforschen den Mars und die Atome, aber nicht, wer wir selbst sind. Das bringt mich zum Lachen, so skurril ist das.

Ein wichtiger Bestandteil auf dem „pfadlosen Pfad“ ist Satsang (Zusammensein in Wahrheit). Das sind Zusammenkünfte der Schüler/Devotees mit dem Lehrer/Guru (der, der die Dunkelheit vertreibt) bei dem Fragen gestellt werden können. Die Präsenz des Gurus kann ungemein hilfreich sein, selbst innerlich still zu werden und die eigene Präsenz zu entdecken.

Ist das nicht ganz schön egoistisch, sich nur damit zu beschäftigen, wer man selber ist? Wo bleiben bei dieser Nabelschau die anderen, die Mitmenschen, die Umwelt?
Solche Fragen stellt der Verstand. Im konkreten Erleben ist es so, dass sich aus diesem Erkennen des eigenen Selbst auch die Erkenntnis ergibt, dass wir diesen „Kern“ mit allen anderen Wesen teilen. Alles was existiert ist eine Manifestation dieses umfassenden Einen. Man mag es Bewusstsein nennen, Selbst, Gott, Leere, Liebe … alles das Gleiche. Letzten Endes ist das Bild „ich“ und „die anderen“ nur eine Illusion. Es gibt nichts „anderes“, nur das eine Selbst in vielen Erscheinungsformen.
Aber glaub es nicht einfach, das ist kein weiteres Konzept für den Verstand.
Schau hin und finde es selbst heraus.

Das wahre SELBST, das neutral ist, bedarf keiner Übung,
um zu sein, was es ist.
Das falsche Selbst oder Ego bedarf vieler, vieler Übungen,
um zu versuchen, das zu werden, was es niemals sein kann.
– WAHR.
(aus „Bevor ich bin“)