Immer wieder wird dem Buddhismus vorgeworfen Lebensfern oder weit entfernt von Lebensbejahung zu sein. Besonders der Theravada-Tradition wird diese Eigenschaft zugeschrieben, es ginge im Wesentlichen darum, sich von allen Genüssen und Ablenkungen des menschlichen Lebens fern zu halten.
Ich finde auch zB. die Sichtweise, nur männliche Mönche könnten in den Zustand des Erwachens geraten, nicht nur diskriminierend gegenüber Frauen sondern auch gegenüber aller Laien.

Vor ein paar Tagen habe ich mir ein Buch aus Deutschland schicken lassen, welches ich mit großer Spannung und steigender Begeisterung lese. Das Buch trägt den Titel „Neue Stimme einer alten Tradition, Sangharakshitas Darlegung des buddhistischen Weges“ von Subhuti. Die deutsche Ausgabe ist im Do Evolution Verlag erschienen.
Darin wird unter anderem geschildert, dass bei der Lehre zur „bedingten Entstehung“ zwar der Teil mit der Befreiung aus dem Daseinskreislauf gelehrt wird, allerdings ist der Teil des spirituellen Weges zur Erlösung irgendwie im Laufe der Zeit unter die Räder gekommen. Das hat offenbar dazu geführt, dass in den Hinayana-Traditionen ein relativ … ich nenne es Mal: negatives Weltbild gelehrt wurde. Darin gibt es Leid und die Lösung von diesem Leid sei die Befreiung.
In den Mahayana-Traditionen hätte man, um den Einklang mit der ursprünglichen Idee wieder herzustellen, eine Reihe von Ergänzungen vorgenommen und dem historischen Buddha Shakyamuni angedichtet (vgl. Neue Stimme … S.93ff). Da ich mich mit den Mahayana-Lehren noch nicht im Detail befasst habe, möchte ich dazu auch keinerlei Wertung abgeben. Aus heutiger Sicht wird man wohl den erwachten Geist hinter diesen Ergänzungen erkennen, ungeachtet davon wer diese Lehren tatsächlich hielt.

Der Teil der mich begeistert ist das scheinbar die missachtete Erweiterung der bedingten Entstehung. Bekannt ist ja das zyklische Wesen, das der Daseinskreislauf ist, von der Unwissenheit zum Alter und Tod und immer so weiter, egal ob man das jeweils für jede einzelne Handlung oder für ein oder mehrere Leben betrachtet. Der Weg zur Erlösung hingegen wird als Spirale dargestellt, eine Progression hin zum Nirvana.
An der Position wo sonst das Nidana:
- Alter und Tod angeführt wird steht in dieser Lehrrede: Leid,
- daraus folgt gläubiges Vertrauen,
- daraus entsteht Freude,
- es folgt Entzücken,
- daraus wird Gelassenheit,
- woraus Glückseligkeit entsteht,
- dadurch folgt Sammlung,
- aus der Erkenntnis und Schauung der Dinge, wie sie wirklich sind, entsteht,
- dadurch folgt Abwendung,
- daraus Leidenschaftslosigkeit,
- wodurch schließlich Befreiung und das Wissen um die Zerstörung der Gifte, also Nirvana, erreicht wird.
vgl. Samyutta Nikaya, Nidana-Samyutta (Von den Ursachen), Dasabala Vagga (Von den zehn Kräften) 12.23 Upanisa-Sutta (Voraussetzung) Punkt 27
Kurz interpretiert kann man sich das so vorstellen: Aus dem Leiden erwächst die Idee, dass man in den äußerden Dingen kein dauerhaftes Glück finden kann. In der Stufe des gläubigen Vertrauens setzt man sein Herz, im emotionalen Sinn, auf das sprituelle Leben. Man beginnt die gewohnten Sichtweisen zu verändern und bekämpft die Egomanie.
Weil man mit sich selbst ins Reine kommt und das schlechte Gewissen auflöst, entsteht Freude. Mit der Zeit, wenn sich diese Veränderungen bestätigen und Probleme womöglich leichter lösbar wurden, entsteht Verzückung. Eine intensive Art der Freude, die man deutlich im Körper wahrnehmen kann, stellt sich ein. Sobald sich diese Gefühle beruhigen entsteht geistige und emotionale Ruhe oder Gelassenheit. Es stellt sich Glückseligkeit ein, da sich die Energien konzentrierter Verhalten. (Bei mir endet hier mal das Vorstellungsvermögen.)
Jetzt kann man in der Meditationspraxis Samadhi oder rechte Sammlung entwickeln. In der nächsten Stufe erlangt man Erkenntnis und die Einsicht in die bedingte Existenz. Dadurch entsteht ein Widerwille sich mit dem Bedingtem zu befassen. Aus diesem Rückzug stellt sich die Loslösung von jeglichem Bedingten ein, im Sinne von Unerschütterlichkeit. Daraus entseht dann die Freiheit der psychologischen Prägungen – also des Geistes – und Freiheit von allen falschen Ansichten und Unwissenheit.
vgl. "Grundkurs Buddhismus" Version2.2, S. 171ff
Also dann, los geht’s.
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